Der christliche Gottesbegriff

Gott - Jesus

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Was ist 'Trinität'?

Wie steht Gott zu seiner Schöpfung?

In welcher Beziehung steht der Gottsohn zu Jesus und zu Gottvater?

Einleitung

Der folgende Text thematisiert kurz zusammengefasst einzelne Aspekte, gibt jedoch keinen umfassenden Überblick über das Verständnis von Gott im Christentum.

Die Trinität – der dreifaltige Gott

Die drei Personen der Trinität

Zentrales Element des christlichen Gottesverständnisses ist die Dreifaltigkeit (Trinität) eines allmächtigen Schöpfers (Gottvater), seines Sohnes (Jesus Christus) und dem Heiligem Geist. Die Vorstellung von 'Trinität' ist die, dass es einen Gott gibt, der sich in drei Personen offenbart. Die drei Personen sind zwar real voneinander verschieden, beziehen sich aber aufeinander, sind gleichen Wesens und bilden eine göttliche Einheit.

Die Formel von Nicäa

TrinitätDiese Gottesvorstellung hat sich in einem mehrere Jahrhunderte dauernden Prozess durchgesetzt, in dessen Verlauf verschiedene Ansichten über das Verständnis von Gott sowie von Jesus Christus und seinem Verhältnis zum Gottvater (Christologie) diskutiert wurden (siehe dazu auch » Wikipedia). Ein einheitliches christliches Gottesbild hat sich erst im vierten Jahrhundert im Rahmen des ersten Konzils in Nicäa (325) etabliert: "Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist; der für uns Menschen und wegen unseres Heils herabgestiegen und Fleisch geworden ist, Mensch geworden ist, gelitten und am dritten Tage auferstanden ist, aufgestiegen zum Himmel, kommen wird um die Lebenden und die Toten zu richten. Und an den Heiligen Geist."

Kompromiss zwischen Tritheismus und Modalismus

Die Definition des Konzils von Nicäa und den Nachfolge-Konzilen stellt einen Mittelweg bzw. Kompromiss zwischen zwei Extrempositionen dar, nämlich der Vorstellung, dass Gott aus drei verschiedenen Göttern besteht (Tritheismus) sowie der Vorstellung, dass Gottvater, Gottsohn und Heiliger Geist drei verschiedene Aspekte eines einzigen Gottes darstellen (Modalismus).

Immanente und ökonomische Trinität

In der Theologie wird zwischen einer 'immanenten' und einer 'ökonomischen' Trinität unterschieden. Die Lehre von der immanenten Trinität bezieht sich auf das innertrinitarische Verhältnis. Hier werden Ursprungs- und Beziehungsverhältnisse zwischen Gottvater, Gottsohn und Heiligem Geist näher betrachtet. Die Lehre von der ökonomischen Trinität hingegen stellt dar, wie sich der trinitarische bzw. dreifaltige Gott in der Heilsgeschichte offenbart, d.h. wie er aus sich heraustritt. Sie befasst sich mit der Sendung des Gottsohnes durch den Gottvater sowie mit der Herabkunft des Heiligen Geistes. Durch die göttliche Offenbarung wird die immanente Trinität zur ökonomischen.

Wie steht Gott zu seiner Schöpfung?

Ist Gott Schöpfer und gleichzeitig Teil der Schöpfung oder steht er ausserhalb der Schöpfung? Es kann hier grundsätzlich zwischen einem 'theistischen' und einem 'panentheistischen' Ansatz unterschieden werden:

Während traditionell eher ein theistisches Gottesbild vorherrschte, ist Gott heute für viele Theologen und v.a. für die Mystiker ständig in der Schöpfung präsent.

Die Präexistenz des Gottsohns

Der Gottsohn hat bereits vor seiner Inkarnation in Jesus existiert

Die meisten Theologen gehen heute von der ewigen Präexistenz des Gottsohnes aus (siehe z.B. » Vers 444 des Katechismus), d.h. der Gottsohn hat bereits vor seiner Inkarnation in Jesus existiert, sei es als Engel, als Person innerhalb der Trinität oder als ein anderes Wesen. Viele Theologen glauben auch, dass der Gottvater in und durch den Gottsohn sein Schaffen, Erlösen und Sich-Offenbaren vollzieht.

Geschaffensein des Kosmos im Gottsohn

Mit Verweis auf Bibelstellen aus dem Johannes-Evangelium (Joh 1,10), dem Brief an die Hebräer (Heb 1,2) und dem Brief an die Kolosser (Kol 1,15 ff.) kann sowohl eine Präexistenz des Gottsohnes sowie ein Geschaffensein des Kosmos in Christus verstanden werden. Im Brief an die Kolosser z.B. steht "15 Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor aller Schöpfung. 16 Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen. 17 Und er ist vor allem, und es besteht alles in ihm." 

Auf der Basis eines solchen Verständnisses liesse sich postulieren, dass der Gottsohn nicht nur den Schöpfungsaspekt der Trinität verkörpert, sondern dass er im Sinne eines panentheistischen Ansatzes die gesamte Schöpfung enthält. In der theologischen Praxis wird im Gottsohn bzw. Jesus freilich in erster Linie der 'Erlöser' gesehen.

Ist Gott somit verstanden?

Die Trinitätslehre – eine menschengemachte Metapher

Auch wenn es die Anhänger des Christentums nicht gerne hören mögen, so ist die oben dargestellte Sicht von Gott ein menschengemachtes Denkmodell auf der Basis einer ebenfalls von Menschen geschriebenen » Heiligen Schrift. Der (vermutete) Autor des Kolosser und des Hebräerbriefs, Paulus, hat Jesus nicht persönlich gekannt, musste sich also schwergewichtig auf mündliche Überlieferungen stützen. Zudem war er den Einflüssen der jüdischen Theologie und der griechischen Philosophie ausgesetzt.

Gott ist unbegreifbar und unaussprechlich

Einzelne Theologen verstanden bzw. verstehen Gott denn auch als 'unbegreifbar' und 'unaussprechlich' (Thomas von Aquin) oder 'absolut unverfügbar' (Karl Rahner). Augustinus stellt gar fest: "Wenn Du ihn begreifst, ist es nicht Gott". Bekannt ist in diesem Zusammenhang auch die 'negative Theologie', gemäss dieser wir nur feststellen können, was Gott nicht ist (siehe » Die Rede von Gott).

Das Gottesverständnis in der Praxis

Die meisten Christinnen und Christen gehen heute von einem allwissenden, allmächtigen, allgütigen, direkt ins Weltgeschehen eingreifenden Schöpfergott aus, der von der Schöpfung getrennt existiert und von den Gläubigen als Person ansprechbar ist. Mit dieser Vorstellung wird das Gottesbild freilich aus seiner Transzendenz geholt und eingeengt. Zudem ergeben sich, wie andernorts bereits dargestellt, logische Widersprüche (» Theodizee-Problem).

Solange dieses Gottesbild den Menschen hilft, ihren Alltag zu meistern und sie in ihrem spirituellen Pfad unterstützt, ist das kein Problem. Anders sieht es aus, wenn die Menschen nicht an einen solchen Gott glauben mögen und sich von Religion und Spiritualität abwenden oder wenn ein solches Gottesbild absolut gesetzt und als anderen Religionen überlegen postuliert wird.

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Version vom 11. April 2023

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